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Ich bin dann mal Ertugrul


Titel ErtugrulIn Zeiten von geführten Pauschal-Erlebnisreisen in die fernsten Winkel der Erde wagt Oliver Maria Schmitt die letzten echten Abenteuer:
 

Er überlebt Wüstenstürme, Wasserhosen und Weinverkostungen ohne Rückschüttgefäß, reist auf Borats Spuren durch Kasachstan und mit der eigenen Mama nach Malle, sucht in Nicaragua nach Flüssiggold und in Nepal das Lächeln einer schulpflichtigen Gottheit, übernachtet in Rom im Sterbezimmer Tony Sopranos, verliert in Key West den Ernest-Hemingway-Ähnlichkeitswettbewerb und forscht in Ho-Chi-Minh-Stadt nach einem verschwundenen van Gogh.
 

In Finnland tanzt er mit kontaktscheuen Rockern «Lufttango» (mit imaginierter Partnerin), einem Winzer in Bordeaux will er beibringen, wie man «Kalte Muschi» mischt (Hälfte Rotwein, Hälfte Cola), und in den Stromschnellen des Sambesi muss er um sein Leben paddeln …
 

Furchtlos, mit vollem Körpereinsatz und ohne Rücksicht auf Verluste sucht Oliver Maria Schmitt Grenzerfahrungen, in der fernsten Fremde wie im heimischen ICE – und erzählt von den aberwitzigsten und denkwürdigsten Reiseabenteuern, die man heute noch erleben kann.
 

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Mein Wahlkampf



Das Buch


wahlkampfWie funktioniert Politik? Wer hat die Macht? Und wie kommt man da möglichst schnell ran? Dieser Mann muss es wissen: 2012 kämpfte Oliver Maria Schmitt hundert Tage lang um das Amt des Oberbürgermeisters von Frankfurt am Main. Er begann diese Kampagne als Mensch – und endete als Politiker. Nun, zur Bundestagswahl 2013, tritt er als Kanzlerkandidat an und erzählt alles über den Weg nach ganz oben, offen und schonungslos: wie man die richtige Partei findet und sie für die eigenen Zwecke missbraucht. Wie grenzenlose Heuchelei und faule Kompromisse das tägliche Handeln bestimmen. Wie man zur Phrasendreschmaschine mutiert, zur Fototapete, zum Objekt stumpfer Begierden. Er berichtet, wie man dabei seine letzten Freunde verliert und stattdessen umgarnt wird von Industriemagnaten und Speichelleckern. Und wie man sich so schmieren lässt, dass es nicht auffällt und am Ende noch was übrig bleibt …« Mein Wahlkampf » erzählt vom härtesten Fight, den man auf deutschem Boden legal austragen kann. In Oliver Maria Schmitts gnadenlos komischem Selbstexperiment geht es um Macht, Drogen und Sex, um den Wahn, noch besser aussehen zu wollen als Berlusconi und Guttenberg zusammen, um Merkel und Machiavelli, um Barschel, Brandt und Brüderle – und natürlich um die alles entscheidende Frage: « Wollt ihr den totalen Wahlsieg? »

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Die Presse


«Eine inspirierte Veralberung des Politgeschäfts.»

Süddeutsche Zeitung

«Eine zugleich nach hinten und vorn schauende, krachlustige Bekenntnisschrift des Frankfurter Kanzlerkandidaten. Hallo, Berlin – so wird geliefert!»

Frankfurter Allgemeine Zeitung

 «Oliver Maria Schmitt ist der Kanzler der Herzen.»

KulturSPIEGEL

 «Hier gelingt Schmitt unter den vielen Wahlkampf-Großtaten sein Meisterstück.»

Schwäbisches Tagblatt

 «Besonders stark wird dieses Buch immer dann, wenn Schmitt sich erprobter Erfolgsstrategien bedient. Wie Bausteine fügt er sie neu zusammen und entlarvt deren Absurdität.»

Der Tagesspiegel, Berlin

 «Der nächste Bundeskanzler wird Oliver Maria Schmitt heißen.»

Cicero

«Seine wegweisenden politischen Visionen, wie etwa die Forderung nach Freibier, das aus sämtlichen Heilbronner Brunnen sprudeln sollte, wurden seinerzeit noch nicht von allen verstanden, was ihn jedoch nicht entmutigte, seinen Weg zur Macht zielstrebig fortzusetzen.»

Neues Deutschland

 «Ein Einblick in die Abgründe der Politik.»

Hamburger Morgenpost

 «Während der Bundestagswahlkampf gerade erst anläuft, weiß Schmitt schon wie er ausgeht.»

Deutschlandradio

 «Schmitt zeigt lebendig und komisch, wie man zur Phrasendreschmaschine mutiert, zur Fototapete.»

Stadtmagazin Potsdam

«Oliver Maria Schmitt hat analog zur roten Mao-Bibel das Rotbuch „Mein Wahlkampf“ verfasst und damit eine nutzerfreundliche Handlungsanweisung vorgelegt, wie man möglichst schnell zu Macht, Geld und dem deutschen Kanzlertitel gelangt.»

Buchjournal

 «Ein witziges Selbstexperiment!»

Radio DresenBuchtipp der Woche

«Die Formulierungen und geistreichen Assoziationen erheitern auch deswegen, weil man sich bei der Lektüre immer wieder an erlebte Ungereimtheiten, Auswüchse und Skandale erinnert. Zweifellos ein Buch, das die kritische Beobachtungsgabe des Politikbetriebes fördert.»

ekz.de

«Schmitt führte eine emotionale Schmutzkampagne, um Bürgermeister von Frankfurt zu werden. 1,8 % der Wählerstimmern reichten nicht ganz für den Posten. Jetzt gibt er der Konkurrenz Tips auf dem Weg an die Macht.»

Abendzeitung, München



Die Leseprobe


Schon während meiner OB-Kampagne in Frankfurt versuchte ich, den Sympathiefaktor Tier voll mitzunehmen. Dafür brauchte ich ein geeignetes Plakat.

 

Da ich selbst keine Tiere hielt, ihnen allenfalls in Teilen beim Metzger begegnete,organisierte Praktikantin Chantal gegen eine kleine Spende, die sie für mich auslegte, einen Fototermin im Tierheim. Es war bevölkert von den erbarmungswürdigsten Kreaturen. Wirklich mitarbeiten wollte keine so richtig. Die verwahrlosten Katzen, geschlagenen Hunde und ausgesetzten Kaninchen waren alle sehr mit sich selbst beschäftigt. Wir probierten die gängigen Tierarten durch, sie mussten ja zu meiner Persönlichkeit passen beziehungsweise deren Sympathiewerte unterstreichen oder noch hervorheben. Es ist erstaunlich, wie viele Tiere man verschleißen muss, bis wenigstens ein verwertbares Foto dabei herauskommt.

 

Als Erstes war der beste Freund des Menschen dran: der Hund. Er unterteilt sich in so viele zum Teil grotesk verschiedene Rassen, dass man sich nur wundern kann, warum sich diese Tiere überhaupt noch einem gemeinsamen Club zugehörig fühlen. Noch erstaunlicher ist der Anschein der charakterlichen Veränderung, den Hunde durch ihre bloße Anwesenheit bei einer vermeintlichen Bezugsperson hervorrufen können. Mit einem niedlichen kleinen Chihuahua auf dem Schoß wirkte ich sofort stockschwul, mit einem Bernhardiner an der Seite hingegen behindert. Ein majestätischer Schäferhund ließ mich unschön hitleresk erscheinen, ein Dobermann machte mich zum Snob und zwei davon zum Zuhälter. Mit Dackel auf dem Arm wirkte ich zu kleinbürgerlich, mit Bulldogge auf dem Arm überfordert. Als Halter eines Beagle machte ich einen überraschend glaubwürdigen Eindruck, allerdings nicht auf den Beagle, denn er hatte panische Angst vor mir und lief immer sofort weg. Mehr als seinen Schwanz hatten wir nie auf dem Bild.

 

Anschließend versuchten wir es mit Katzen. Auch das war ein Fehlschlag. Mit einer Katze auf dem Schoß wirkte ich entweder pervers oder diabolisch, mit zwei Katzen beides zugleich, mit Katze auf der Schulter wie verhext. Dann nahmen wir einen Leguan zur Hand. Der hielt wenigstens still, ließ mich aber aus rätselhaften Gründen irgendwie rechtsradikal, vielleicht aber auch überschuldet erscheinen und wurde deswegen umgehend wieder in sein Terrarium gesetzt. Mit zwei Schildkröten in Händen kam ich hingegen zu trübsinnig rüber, mit einem Kanarienvogel auf dem Kopf zu närrisch – bis wir endlich die Tiere fanden, die zu mir passten und einen glaubwürdigen, volksnahen Politiker aus mir machten: Kaninchen!

 

Drei Kaninchenkollegen der Rasse „Deutscher Riese“, fast zentnerschwere Gesellen, wurden auf meinem Schoß drapiert. Sie blieben, wenn man sie mit Salat bei Laune hielt, immerhin fast zwei Sekunden im Bild, sie wirkten niedlich, aber nicht lächerlich und ließen mich vertrauensvoll, seriös, gebildet und engagiert wirken – was wollte man mehr? Außerdem stand das Kaninchen in der fernöstlichen Mythologie für große Weisheit, noch größere Potenz, gute Zähne und eine gute Mahlzeit.

© Rowohlt Berlin Verlag



Der beste Roman aller Zeiten



Das Buch


beste_roman

«Bardhyl wurde uangenehm laut: ‹Ich sag alles meim Chef! Du hast voll die scheiß Erzählperspektive, Alder.› Stand Bardhyl ein solches Urteil überhaupt zu? Er fixierte uns. ‹Wenn ihr hier Scheiße baut, dann bin ich meinen Job los und meine Ehre, und ich schwör: Dann habt ihr Streß.› Er ging zur Tür, drehte sich noch mal zu Hollenbach um und sagte: ‹Ey, wenn du ungeil schreibst, ich mach dich kalt, Alder!›»

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Die Presse


«Der beste Roman aller Zeiten» ist das vergnüglichste Stück Satireliteratur, das man sich denken kann.»

Frankfurter Neue Presse

«Es ist das mit Abstand lustigste Buch dieser Tage.»

Bayrischer Rundfunk

 

«Oliver Maria Schmitt – ein satirisch-literarisches Multigenie»

Radio Mephisto 97.6Leipzig

«Eine irrwitzige Story ohne Tempolimits und eine schöne Persiflage auf den Literaturbetrieb. Spaßig wie ein Abend mit bunten Mixgetränken, leichter Schwindel und Summen im Kopf inbegriffen.»

BÜCHER

«Schon allein das Cover ist groß.»

Journal Frankfurt

«Ganz großes Daumenkino über den Literaturbetrieb. […]
Mit einem Roman hat dieses Buch freilich so viel zu tun wie Ententanz mit Tango. Souverän wird kein noch so erbärmlicher Witz ausgelassen, dabei aber ein Tempo vorgelegt, dass den Leser mit jeder Power-Pointe drei Kröten mitschlucken lässt. […] Was hier auf dem Esel Ich-Erzählung dahergehoppelt kommt, ist ein einziger hinterhältiger Kommentar zum Phantasma zäpfchengleicher Gegenwartsroman. Ein Buch der Bücher also. […] Eine Dunkelphase leitet zum zweiten Teil des Buches über: Hollenbach und Rademann werden im Kofferraum nach Albanien entführt, damit der Verlag sein Zugpferd freikauft. Mit Liebe zum Detail wird das Land der Betonbunker geschildert, in dem man Geldautomaten üblicherweise mit dem Traktor aus der Wand reißt. Die Menschen heißen nach den Orten, in denen sie gezeugt wurden; eine zum Bedauern von Rademann zum Mann erklärte Schönheit trägt den Namen Tirana (»Mein Bruder heißt Saarbrücken«). […] Dass dieser Kurzschlussroman dennoch bestens unterhält, dafür sorgt eine einzige Eigenschaft: Kraft. Schmitt prügelt ihn rücksichtslos durch: Verdichtung, Gag, Verdichtung, Gag.»

Frankfurter Allgemeine Zeitung

«Dieses Buch ist Trash-Komödie, Abenteuerbuch, Gauner-Satire und schließlich auch noch eine ziemlich bissige Parodie auf den gegenwärtigen Literaturbetrieb.»

hr online

«Schmitt hat die Gabe, den Irrsinn des Lebens so zu überhöhen, daß das Lachen gar nicht ausbleiben kann. Sein Blick auf die Beziehungen in einer immer beziehungsloseren Zeit, auf Kunst in einer immer künstlicheren Welt sind treffend – und schmerzend. Wer beim Lesen gerne lacht und das Denken dabei nicht vergißt, findet in Schmitt einen Meister. Er ist auf dem Weg, ein würdiger Nachfolger von Eckhard Henscheid und Robert Gernhardt zu werden.»

Lausitzer Rundschau

«Zählt zum Witzigsten, was in diesem Jahr bisher erschienen ist.»

tip Berlin

«Schmitts neues, mit hübsch grotesken Szenen, Dialogen und Beobachtungen gespicktes Werk.»

Hannoversche Allgemeine Zeitung

«Eine Story der Superlative»

Berliner Zeitung

«Zackig, witzig, dick satirisch und schon auch wieder punkig»

Radio Fritz

«Bescheidenheit war noch nie das Ding des ehemaligen Chefredakteurs der Frankfurter Satirezeitschrift „Titanic“. Schmitt persifliert, Schmitt parodiert.»

Heilbronner Stimme

«Eine bissig-spritzige Tour de force durch alle möglichen Klischees, Sparten, Genres, mafiösen Verwirrungen und Aventiuren.»

Rheinischer Merkur

«Hier ist Schmitt auf der Hochebene.»

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

«Schmitt hält, was man sich von einem Roman eines ehemaligen Titanic-Chefredakteurs über den Literaturbetrieb und den Rest der Welt verspricht, nämlich neben einer irrsinnigen und irrsinnig komischen Handlung eine Auseinandersetzung mit eben dem Lite­raturbetrieb auf allen Ebenen, also vor allem auf ganz vielen Meta-Ebenen.»

Jungle World

«Ein großer satirischer Roman.»

Spreeradio

«Was Spaßguerillero und Ex-Titanic-Chefredakteur Schmitt hier abliefert, ist so abenteuerlich, so punkig, so trashig, so witzig und so überspitzt, dass es nahtlos an „AnarchoShnitzel schrieen sie“ anschließt. Schräge Typen, zynische Sprüche, prollige Pistoleros, reichlich Chemie, die Hirne zuballert. Nichts, das hier heilig ist. Gottlob.»

Stadtblatt Osnabrück

«Abenteuerlich komisch.»

BEAUTYtalk

«Wenn man sich zuvor eine Reihe deutscher Romane zu Gemüte geführt hat, die sich durch die Qualitäten der Stille und des Ernstes auszeichnen und dabei eine Miene aufsetzen, als wäre die Verströmung von Langeweile ihr Geburtsrecht, dann reagiert man mit dankbarer Erheiterung, wo man auf ein Buch stößt, das anfängt: „Rumms!“
Zum, Roman gehört die Selbstreferenzialität. „Es war einer dieser Titel, die man nicht vergisst, wenn man sie einmal gehört hat, so ähnlich wie ,Der Fänger im Weizen‘ oder ,Nassgebiete‘ oder wie die Bestseller alle hießen.“ – Das ist so der Humor von Oliver Madonna Schmitt, und er ist nicht schlecht.»

Süddeutsche Zeitung

«Schmitt legt alle literarische Hochstapelei flach und randaliert als Rambo im Reich der schönen Künste.»

Schwäbisches Tagblatt

«Trash, Sex und die nötige Prise Gewalt hat Schmitt zu einer amüsanten Satire auf den Literaturbetrieb zusammenmontiert.»

HNA – HessischeNiedersächsische Allgemeine

«Ein Feuerwerk von Pointen.»

Westdeutsche Zeitung

«Schmitt – ein Humor-Gigant.»

Lift Stuttgart

«Die abstruse Geschichte ist komisch erzählt.»

Brigitte Young Miss

«Der beste Roman aller Zeiten“ von Oliver Maria Schmitt hält nicht ganz, was der Titel verspricht. Würde er „Einer der besten Romane in meinem Bücherregal“ heißen, könnte man damit aber ganz gut leben.»

Lydias Lesestoff der Woche – MDR Sputnik

«Verriß der Woche / Der Tip für die Tonne: Schmitts „Bester Roman aller Zeiten“.»

WDR 5 Bücherschau

«Die Zuschauer in der Osnabrücker „Lagerhalle“ jedenfalls fanden es lustig.»

Neue Osnabrücker Zeitung

Über Schmitts Lesungen:

 

«Da sitzt er nun, der gefürchtete Zyniker und ehemalige Punkmusiker, der Ex-Chefredakteur und jetzige Herausgeber des „einzigen“ Satiremagazins „Titanic“, sitzt im kleinkarierten Jackett und liest großgemusterte Prosa vor. Was heißt liest?
Er flüstert und zischt, säuselt und singt, brüllt und bollert, bis ihm das Blut in den Kopf steigt und die lila Grundfarbe seines Sackos annimmt. Dabei bläst er seine Backen auf, fuchtelt mit den Händen in der Luft, wechselt Stimmlage und Akzent nach Belieben. Der Mann gibt alles, er trägt nicht vor, sondern zündet ein Feuerwerk.»

Nordwest Zeitung

«Schmitt las nicht einfach nur vor, sondern lieferte eine Kabarettshow voller zündender Gags. Lesung und Buch wurden so zu einem stimmigen Gesamtvergnügen. Und signiert hat er nach fast zwei Stunden Show auch noch.»

Gießener Anzeiger

«Schmitt gab alles und legte schauspielerische Qualitäten an den Tag.»

Neue Osnabrücker Zeitung



Die Leseprobe


„Hey, ich wünsche Ihnen einen wunderschönen guten Tag, mein Name ist Mick Rademann, und ich freue mich sehr, Sie endlich wiederzusehen.“

 

„Du brauchst die nicht zu grüßen“, zischte Hollenbach mir zu. „Das sind Arschlöcher.“

 

„Ich habe eine grundsätzlich positive Grundeinstellung. Ohne die kommt man heutzutage nicht weiter.“

 

„Ach tatsächlich? Ich habe eine grundsätzlich negative Grundeinstellung und bin damit schon wesentlich weiter gekommen als du.“

 

„Und deswegen brauchen Sie jetzt wohl einen Coach?“

 

Die drei gingen in den Raucherraum, um irgendwas zu besprechen. Ich weiß noch, daß Frl. Kurt verständnislos den Kopf schüttelte, als sie abrauschten; daß ich Hollenbach vom Umgang mit den Albanern abriet; daß ich empfahl, diese Verbindung zu lösen, die frei werdende Konfliktenergie positiv umzulenken und sich nicht zum fremdbestimmten Objekt zu machen. Was ihm natürlich nicht paßte. Er wurde pampig.

 

„Da mußtu mal selber in die Gänge kommen, du Opfer! Mußt dich selbst gegen deine Unterdrücker wenden! Du stehst doch komplett unter der Fuchtel von diesem komischen Professor, dem du werweißwas schuldest. Da mußt du ein Zeichen setzen, Mann! Ich bin ein freies Land, ist das klar? Ich mach, was ich will! Als Schriftsteller mußtu ein unabhängiger Geist sein! Du brauchst Inspiration ohne Ende! Dazu muß man wild und rauschhaft leben! Das kommt nämlich an bei den Weibern!“

 

„Da kennen Sie sich ja wohl aus, bei den Weibern.“

 

„Im Gegensatz zu dir schon. Haste ja gesehen.“

 

„Werden Sie bloß nicht frech! Ira ist meine Freundin.“

 

„Ich glaube, das sieht sie anders.“

 

„Sie kann das überhaupt nicht beurteilen. Was fällt Ihnen überhaupt ein – meine Freundin zu lieben!“

 

„Ich kann nichts dafür.“

 

„Aber ich war zuerst da.“

 

„Liebe hat kein Haltbarkeitsdatum, Mann.“

 

„Klingt wie ein beschissener Romantitel von Ihnen.“

 

„Stimmt. Muß ich mir aufschreiben.“

 

Er glaubte noch immer, daß er alle und jede haben konnte, zack, einfach so. Aber die Tour hatte ich ihm gründlich vermasselt. Während Hollenbach im Raucherraum war, schickte ich Ira eine SMS: „Ich bin ziemlich sicher, dass ich dich liebe!“ Von Hollenbachs Handy natürlich. Sie simste sofort zurück, ob das wirklich mein Ernst sei. Ich antwortete: „Ja, aber ich bin Mick, habe Hollenbachs Handy. Der glaubt, er könbne dich jederzeit flachlegen.“ Damit war sie erst mal versorgt. Aber nicht lange. Als mich der Prosaist kurze Zeit später nach Geld für eine fünfte Runde fragte, klingelte sein Handy.

 

„Du Aaaaarschloch!“, brüllte Ira mir ins Ohr.

 

Ich schaute Hollenbach an. „Ira ist dran. Sie sagt, sie sei verrückt nach Ihnen.“

 

„Ich bin auch rattenscharf auf sie, sag ihr das.“

 

„Herr Hollenbach findet dich äußerst apart, Ira.“

 

„Er kann sich ins Knie ficken!“ schrie sie.

 

„Sie sagt, sie möchte sexuell mit Ihnen einiges ausprobieren.“

 

„Sag ihr, ich mache alles mit.“

 

„Herr Hollenbach ist zu allem bereit.“

 

„Ich scheiß auf diesen Wichser, und auf dich erst recht, du Kanaille!“

 

„Sie sagt, sie möchte schmutzige Sachen zu Ihnen sagen.“

 

„Sag der kleinen Schlampe, ich hätte schon ’nen ganz breiten Gang.“

 

„Herr Hollenbach hat seine Spermien schon kaltgestellt, Ira.“

 

„Ihr perversen Säue, ihr seid so kaputt!“ Sie legte auf.

 

„Sie sagt, sie geht kaputt auf Sie und hat aufgelegt.“

 

„Na bitte, man muß eben mit den Frauen reden können.“

© by Rowohlt Berlin Verlag 2009



Das Video





AnarchoShnitzel schrieen sie



Das Buch


anarchoshnitzelChaos und Anarchie, Sex, Bullen, Bier und Rock ’n’ Roll? Fehlanzeige! Hier geht’s voll gesittet zu: Peter Julius Hein hat Angst vor dem Osten, und sein tablettensüchtiger Freund Dr. Hollenbach ist gar kein richtiger Arzt. Dennoch brettern die beiden jungen Altpunks nach «drüben», um die Reste ihrer früheren Band wieder zusammenzutrommeln – es droht nämlich ein unverhofftes Comeback. Die Motive der Mitspieler sind dabei höchst ehrenwert: Geldgier, Langeweile, Rache und Sehnsucht nach Liebe. Was in der BRD der Ära Kohl begann, soll in Merkels neuen Ländern seine Erfüllung finden: Peter Heins private Wiedervereinigung mit seinem alten Jugendschwarm, der mirakulösen Sängerin Itty Lunatic. Wie in dem überschäumenden Gefühlschaos dann doch noch Bullen, Bier und Rock ’n’ Roll zu ihrem Recht kommen, erzählt dieser weltweit erste «Punkroman für die besseren Kreise». Ein Roadroman zum Einsteigen und Mitfahren, voller Witz und Ironie. Schmitts unkorrektes Debüt rauscht respektlos durch die gesamtdeutsche Realität von Stuttgart bis Chemnitz, durch die bewegte Punkgeschichte von damals bis heute.

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Die Presse


Auszüge aus den über 80 in Deutschland, Österreich und der Schweiz erschienenen Rezensionen:

 

«Schmitt ist der Ferrarifahrer der Prosaautoren seiner Generation.»

Die Welt

«Die besten Auftritte sind doch die, die nie stattfinden.“ – Es wäre bedauerlich gewesen, wenn Oliver Maria Schmitt sich diese Maxime für sein komisches, absurdes, in einer originell-handfesten Sprache verfaßtes Buch zu eigen gemacht hätte. Den deutschen Punk trieb auch nur die Sehnsucht nach dem richtigen Leben im falschen um. Jetzt hat er sein windschiefes, aber wetterfestes Denkmal.»

Frankfurter Allgemeine Zeitung

«Sehr, sehr lustig»

Frankfurter Rundschau

«„AnarchoShnitzel“ ist ein sehr guter humoristischer Roman. Mit angenehmer Beiläufigkeit entwirft er das Porträt einer Generation, die nicht vergessen kann, daß ihre drei Akkorde einmal die Welt bedeutet haben. Darauf ein Sixpack, ein anerkennendes Aufstoßen und ein kräftiges „Gabba, Gabba, hey!“»

Süddeutsche Zeitung

«Jene wunderbaren Romane von Eckhard Henscheid aus den 70er Jahren – sie haben einen Wiedergänger gefunden: AnarchoShnitzel schrieen sie.»

Tagesspiegel, Berlin

«„AnarchoShnitzel“ ist die mehrfach gebrochene Parodie, die ironische Simulation eines Romans – und also in letzter Konsequenz der einzig wahre Punkroman.»

Rolling Stone

«Oliver Maria Schmitt, ehemaliger Chefredakteur der Titanic, hat mit Anarchoshnitzel (Rowohlt Berlin) den ersten echten Punkroman unserer Republik geschrieben, dessen satirische Kraft und Wahrheit einerseits in die Gesichts- und Bauchmuskulatur, andererseits ins Gemüt geht.»

Deutschlandradio Kultur

«Brüllend komisch, erhabener Blödsinn!»

Der Standard, Wien

«Ein Road-Roman für Intellektuelle, der in der fabelhaften Welt der Punkgeschichte schwelgt.»

WOM.fm

«Wahrscheinlich richtige Literatur mit großem „L“.»

Freitag

«Womöglich das erste wirklich ehrliche Buch über den Unterscheid zwischen Deutschland und Deutschland nach 1989.»

Kultur 3, Göttingen

«Ein umwerfender Parforceritt durch ostdeutsche Frittenschmieden, Schlammloch-Besetzer-Camps und Konzerthallen, in denen silberhaarige Damen nach schwaggebbäuchigen Schlagerfuzzis schmachten.»

Solinger Tageblatt

«Ein fulminantes, aberwitziges Debut.»

Die Welt kompakt

«Schnell, originell und kurzweilig, so wie eben ein guter Punksong sein sollte.»

Kulturkurier

«Buch der Woche»

cosmopolitan.de

«Oliver Maria Schmitt hat einen sarkastischen und enorm witzigen Debutroman geschrieben, der in der fabelhaften Geschichte der Punkmusik schwelgt.»

Blond Magazin

«Lebendige Charaktere und urkomische Dialoge»

OX Fanzine

«Für einen Punkroman also ist das ‚AnarchoShnitzel’ eigentlich viel zu virtuos und unterhaltsam. Aber schließlich heißt es im Untertitel ja auch: „Ein Punkroman für die besseren Kreise“.»

NDR

«Rasant, respektlos, witzig, sprachgewandt von geistreich bis banal.»

Heilbronner Stimme

«Schmitt watscht Altpunks und Ossis gleichermaßen fein ab und verbindet undogmatisch subkulturelles und bildungsbürgerliches Wissen. Schönste These: Der Punk wurde vom DDR-Geheimdienst erdacht.»

Ruhr Nachrichten

«Schmitts Spott macht vor nichts und niemandem halt, schon gar nicht vor sich selbst und ist Fun-Punk im besten Sinne.»

Deutschlandradio Kultur

«Pointiert und locker geschrieben, unterhaltsam und wirklich lustig.»

schreib-lust.de

«So bitterböse ist diese Satire auf das Deutschland im Jahr 2005, so derb und deftig und außer Rand und Band die Schmitt’sche Sprache, daß es zum Brüllen komisch ist.»

Hessische Niedersächsische Allgemeine

«Eine herrlich kurzweilige Geschichte durchgeknallter Typen. Manchmal eklig, manchmal schlicht krank, aber immer interessant und spannend. Eben wie Punkrock.»

Titel-Magazin – Literatur und mehr

«Hier weiß einer, wie er erzählen muß.»

Mitteldeutsche Zeitung

«Und wie ergeht es dem Leser? Er windet sich in konvulsivischen Zuckungen und sollte dieses Buch nicht unbedingt neben jemanden lesen, dem nach Schlaf dürstet – denn wer kann schon schlafen wenn der Nebenliege dauernd laut schallend lacht?
Ein grenzgeniales Buch, lustig, lustig, lustig – bis einem das Lachen im Hals erstirbt, weil es eben so sein könnte, wie es hier geschrieben steht.»

kulturwoche.at

«Ein vorzüglicher Erzähler.»

Frankfurter Neue Presse

«In dieser Satire liegt viel Wahres. Amüsant!»

20 Cent, Lausitz

«Abgedreht, schräg, politisch super unkorrekt und brüllend komisch.»

Tagesspiegel

«Eine sentimental journey in die Regionen früher Rebellion und verloren gegangener Träume.»

Amazon.de

«Schmitt hat hier ein wortgewaltiges, brachiales Werk geliefert, das gleichzeitig wild entschlossen und völlig naiv die Geschichte von Peter und seiner Band erzählt. Ich habe gebrüllt vor Lachen angesichts des unglaublichen Wortwitzes in diesem Buch.»

G-Wie-Gorilla.de

«Wie schreiend komisch ein Roman über Musikbesessenheit sein kann, hat Oliver Maria Schmitt mit seinem fantastischen Punk-Roman AnarchoShnitzel schrieen sie bewiesen.»

dpa

«Stilistische Achterbahnfahrten, die Hoch- und Popliteratur zugleich parodieren – das ist Schmitts Stärke.»

Hessischer Rundfunk

«Amis de Hunter S. Thompson, fans des Ramones, adorateurs de John K. Toole, jetez-vous sur ce livre!»

La Gazette

«Ein Höllentrip»

taz

«Einstampfen!»

Hollow Skai, Junge Welt

«Der absolute Lachmuskelfick»

Leser „Loco2303“auf myspace

Über Schmitts Lesungen:

 

«Schmitt rockt. Schmitt heizt ein. Schmitt bringt, wenn’s gut läuft, den Saal zum Kochen. Er braucht dafür nur Worte, Worte, Worte. Er liest vor und lässt das Publikum lachen bis an den Rand hysterischer Luftnot. Ich weiß, wovon ich rede, ich war dabei.»

Die Welt

«Oliver Maria Schmitt ist einer der wenigen, die mit Worten richtig rocken können.»

Schwäbische Zeitung, Tuttlingen

«Oliver Maria Schmitt ist als Performer eine echte Schau. Sollte er in Eurer Nähe eine Lesung machen, unbedingt hingehen.“»

www.satt.org

«Hinreißend komisch»

Kieler Nachrichte

«Das Ekelgefühl als vielmehr die Lachmuskeln werden in einer schwersten Prüfung und Pein unterzogen, als Schmitt, wild mit den Armen rudernd und neben dem schwäbischen auch den mittelthüringischen Dialekt gekonnt parodierend, die unheimliche Begegnung mit den Eingeborenen der ‚Pfefferminzstadt’ Kölleda im versifften Wurst-Pavillon lebendig werden lässt.»

Lausitzer Rundschau

«In atemberaubendem Punk-Jargon provoziert und polarisiert Oliver Maria Schmitt von Anfang bis Schluss und das hat er sicherlich nicht zuletzt auch seinen vielen namhaften Lehrmeistern zu verdanken, denen er gewissenhaft nacheifert. Dass er ein sehr guter Absolvent der ‚Neuen Frankfurter Schule’ ist, hat Oliver Maria Schmitt schon mit seinem Buch bewiesen, das unter dem schon etwas abgenutzten Titel ‚Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche’ unbedingt noch viele neue Leser verdienen würde. Liebevolll und kenntnisreich setzt er sich darin schließlich mit dem jeweiligen Schaffen und den persönlichen Eigenarten der Humor-Titanen F. W. Bernstein, Bernd Eilert, Robert Gernhardt, Eckhardt Henscheid, Peter Knorr, Chlodwig Poth und F. K. Waechter auseinander.
In der Liste seines eigenen Schaffens müssen sicher auch seine Musicals über das Bauhaus (FlachDachKrach) und die Broiler-Kette Wienerwald (I want to hold your Hendl) oder auch seine Bücher über Dichter (Gute Güte, Goethe) oder Deutschland (Hit me with your Klapperstoock) aufgelistet werden. Nach all diesen Erfolgen legte er nicht nur einen Roman vor, sondern musste mit dem neuen Genre ‚Punkkroman’ Premiere feiern.»

Der Teckbote



Die Leseprobe


Punk – bis heute habe ich eine merkwürdige Schwäche für diese Musik, weil sie wenig, fast nichts mit Können zu tun hat, dafür aber viel mit Attitüde und Lebendigkeit. Ich mag die komischen, unernsten, schnellen Sachen genauso wie das primitive und harte Geschrubbe, wie es etwa die britische Band Exploited betrieb. Das hat so was krankhaft Konsequentes. Sie war es, die 1981 der noch zuckenden Leiche Punk entgegenschrie: „Punk’s Not Dead!“ Und allein auf ihrem phantasievoll benamsten Album „Fuck The System“ fand man neben dem gleichnamigen Titelstück auch noch Songs wie „Fucking Liar“ oder „You’re A Fucking Bastard“. Bei letzterem hatte Sänger Wattie Buchan nichts besseres zu tun, als insgesamt vierunddreißigmal die Zeile „You’re A Fucking Bastard“ zu brüllen, einundzwanzigmal „And A Shit Fuck Too“ und leider nur dreimal „And A Shit Cunt Too“ – und fertig war der Text.

 

Zu den hektischen Rhythmen von Punk habe ich die wichtigsten Erfahrungen meines Lebens absolviert: den ersten Geschlechtsverkehr, den ersten Autounfall, den ersten Kreuzbandriß und den zweiten Autounfall. Das kann mir keiner nehmen.

 

Den zweiten erlebte ich mit meinem zweitbesten Freund: Hollo. Mit ihm konnte man Briefkästen stehlen, nachts in aufgebrochenen Autos rauchen und fremde Post lesen und morgens die kommentierten und korrigierten Briefe mit dem Vermerk „So nicht!“ wieder bei den Absendern einwerfen.

 

Der Facharzt Dr. med. Jürgen Hollenbach ist, wie er heute gerne sagt, ein „angesehener Allgemeinmediziner“. Er kennt das Geheimnis des Lebens, hütet sich aber, mir dieses mitzuteilen. „Arztgeheimnis“, sagt er nur. Ich glaube, er ist ziemlich intelligent. Leider habe ich dafür keine Beweise. In gewisser Hinsicht ist mein Arzt ein grober Mensch, doch kennt er weder Falschheit noch Tücke. Hemmungen allerdings auch nicht. Er behauptet, eine Koryphäe „auf praktisch allen Gebieten“ zu sein.

 

Nach außen hin wird er durch einen wunderbaren Körper vertreten, von dem ein beliebtes Mallorca-T-Shirt behaupten würde, Bier habe ihn geformt. Die storchigen Beinchen sind in schwarze Jeans mit applizierten Fettflecken verpackt, die darauf geschickt balancierte zyklopenhafte Körpermasse kündet stolz vom gelernten Pykniker und seinen stillen Fettreserven. Gekrönt wird die imposante Erscheinung mit einem gewaltigen zapfen-, fast birnenförmigen Kopf samt Stirnglatze und Blumenkohlohren. Haare: ja, auch, aber das gibt sich. Seit wir unterwegs sind, seit vierundzwanzig Stunden, wurde er schon zweimal an Tankstellen für Guildo Horn gehalten. Mir ist das peinlich, ihm nicht. Dafür gibt er einfach zu gern Autogramme.

 

So flogen wir mit unserem nagelneuen Mercedes-Bomber über eine dreispurige Bundesautobahn nach Stuttgart. „Bevor wir in die Zone fahren“, hatte mein Arzt entschieden, „machen wir erst das mit Krämer klar. Wir müssen ihm Geld bieten, dann ist er sofort dabei.“ Das war klug gesprochen, offenbar hatte sich Hollo, dieser stetig schäumende Geist, eine gnadenlose Erfolgsstrategie für unsere Mission zurechtgelegt. Super, mein Kompagnon.

 

Jetzt war es kein Spiel mehr – jetzt war es Ernst. Der Schlund des Lebens stand sperrangelweit offen, und wir brausten furchtlos hinein. Einem Friseur zeigte ich ein altes Foto von Wattie Buchan, dann waltete er seines Amtes. Per SMS hatte ich mich – schließlich ging es in den deutschen Osten – beim Außenministerium in Berlin abgemeldet und beim Suchdienst des Roten Kreuzes meine Handynummer hinterlegt; mein Arzt hatte Impfpässe gefälscht und mehrere Auslandskrankenversicherungen abgeschlossen. Unsere Wohnungen hatten wir bei Mitwohnzentralen zur Zwischennutzung angeboten. So beschlossen wir, die blöde Bürgerlichkeit komplett und ungetrennt in die Tonne zu treten, der Administration Adieu zu sagen und zu einem neuen Leben aufzubrechen, einem Leben auf der Überholspur. Endlich!

 

Ich hatte Gefallen daran, plötzlich wieder ein echter Rockenroller zu sein. Zwar ging es mir ja ganz leidlich, nur an manchen Tagen fühlte ich mich seltsam, verbufft, malade, falsch abgelegt. Meistens an Tagen mit einem G hintendran. Doch ab heute würde alles ganz anders sein. Grimmig grinsend würde ich den ollen Abwasch einfach stehenlassen, nachts sogar das Licht brennen lassen und mit einem unendlich überlegenen Lachen Pfandflaschen in den Altglascontainer pfeffern. Ein Gefühl, das kein Spießer je kannte. So würden wir beide, mein Freund Hollo und ich, wild und verwegen den großen deutschen Traum leben.

 

Und das gerade noch rechtzeitig, buchstäblich „im letzten Moment“, wie mir Dr. Hollenbach erklärte. Denn nun, da es mit Deutschland „unweigerlich abwärts“ gehe, müsse man sich „losreißen und ausklinken“, um nicht mit in den Abgrund gerissen zu werden. Eine neue, fatale Zeitrechnung habe nun begonnen, munkelte der Mediziner, als wir durch die württembergischen Weinberge preschten, eine neue „Ära der Verderbnis“, seit sich der „Jahrhundertkanzler“ G. Schröder auf eigenen Wunsch von der Macht hatte entbinden lassen. Einen florierenden, „gut aufgestellten“ Staat habe er hinterlassen, so Hollenbach, der nun „in aller Ruhe“ von Angela Merkel heruntergewirtschaftet, ja „abgestochen und geschlachtet“ werde.

 

Die „Schrödersche Lebensvison“, das sei die reale Hoffnung auf ein Leben „im erweiterten Kulturbegriff“, auf ein glückliches Dasein „in freier Obszönität“ gewesen, dröhnte der Dokter, und ich konnte nur staunen, was er alles wußte. Doch nun, unter der Regentschaft dieser „Ostwalze“, ramenterte er, werde alles wieder muffig „tödlich deutsch“ werden. Die Generation der früh und jäh Gealterten sei jetzt am Ruder, „die Pofallas, die Wulffs und die Kochs“, gierig streckten sie die wulstigen Finger nach uns aus, um uns zu locken, zu betatschen, zu zerquetschen. Es sei dies nämlich eine Generation der „verfickten Kaputtniks“, präzisierte der Dokter, und die steckten alle „mit dem Osten“ unter einer Decke! Am Ende, so Merkel, quatsch: Hollenbach, würde die Merkel, nur um ihr „perverses Zerstörungswerk“ fortzusetzen, sogar noch auf den Chaostagen in Hannover oder werweiß der Jahreshauptversammlung der Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands sprechen. Da kenne diese „Schlampe“ rein gar nichts, schimpfte mein Beifahrer und rauchte vor Wut.

 

Ich versuchte mir Angela Merkel bei einem Punkkonzert vorzustellen. Wie sie, mit hängenden Lefzen ein hartes Lächeln sich verbeißend, eine Bresche durch schwitzende und stinkende Nietenjacken schlägt, ihre Leibwächter abhängt und sich dann zum wilden Pogo nach vorn in die Mosh pit stürzt. Szenenapplaus, Blitzlichtgewitter. Sie wird zum Stagediving auf die Bühne gehoben. Sie nimmt Anlauf. Sie lacht. Sie springt. Und keiner fängt sie auf. Fack! Kein schöner Anblick.

 

„Merkelferkel, scheiß drauf“, resümierte Dr. Hollenbach genial, schmierte einen Popel, nach dem er ausdauernd und beharrlich im linken Nasenloch geforscht hatte, unter seinen beheizbaren Ledersitz und steckte sich eine an.

 

„Es ist ja nur ein Leihwagen“, sagte er und warf den glühenden Wurzelholz-Zigarettenanzünder bei voller Fahrt aus dem Fenster.

 

© Rowohlt Berlin Verlag 2006



Hit me with your Klapperstock


Das Buch


klapperstockEin irrwitziger, subjektiver und unentbehrlicher Reisebegleiter für alle, denen Deutschland schon immer irgendwie komisch vorkam. Unter allen Ländern, die wir vom Hörensagen kennen, ist Deutschland das unerforschteste. Kaum einer traut sich wirklich rein. Der Autor dieses endgültigen Reisehandbuchs setzte mutig Leib und Leben aufs Spiel, um sich direkt ins Niemandsland zwischen Heimat und der Fremde vorzutasten: Er stand in der Oberpfalz am Abgrund des tiefsten deutschen Erdlochs, unternahm Trunkenheitsfahrten unter Polizeiaufsicht, rotierte in Sachsen stundenlang im sinnlosesten Kreisverkehr der Welt, er inspizierte bei Düsseldorf den exklusivsten Golfplatz Deutschlands, stand am Sterbebett Konrad Adenauers und an der Wiege Martin Bangemanns, er mischte sich in Sylt unter freizeitwütige Rentner und im Allgäu unter klapperstockschwingende Doppelzentnerdamen. Sein Fazit: „Ich war in Deutschland – und ich habe überlebt.“ Sein Resultat: Packende Berichte, noch packender geschrieben.

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Die Presse


«Schmitt beginnt furios mit einem Anruf des Bundespräsidenten, der ihm die Regentschaft über Deutschland anbietet, die er annimmt. Und er endet nicht minder furios als Nachfolger Gottes, der ihm amtsmüde die Regelung des irdischen Lebens überläßt, was er gleichfalls akzeptiert.»

Frankfurter Allgemeine Zeitung

«Wagemutig nähert sich Schmitt der schlechtesten Autobahnraststätte Deutschlands und verschnabuliert im Selbstversuch ein Cordon Bleu. Tapfer schreitet er einen Witzwanderweg ab. Sein Kümmern über eventuell noch nie belachte Witze kennt keine Grenzen: Sorgenfalten durchfurchen seine Stirn. Deutschsein bleibt seine Lebensaufgabe.»

Heilbronner Stimme

«Oliver Maria Schmitt ist ein echter Krieger, der in seinem neuen Buch keine Gefangenen macht. Er hat einen begnadeten Blick für den tagtäglichen kleinen oder auch schon stattlichen Wahnsinn in diesem Land. […] Bitterböse und knallkomisch.»

Die Welt

«Der Autor kann so sahneleicht und cremig-locker formulieren, daß man ihm auch gerne den doofen Untertitel verzeiht.»

Junge Welt

«Im Mittelpunkt steht der Mensch. Und zwar der Mensch, der stört. Und nichts stört den in der Natur die Ruhe Suchenden mehr als der Nordic Walker. Deshalb heißt das Buch „Hit me with your Klapperstock“. Es ist, sofern man sich nicht persönlich gemeint fühlt, amüsant zu lesen.»

Nürnberger Zeitung

«Deutschland ist bedeutend (Einstein), peinlich (Nordic Walking), ernst (Brokdorf), komisch (Beatlesstadt Halle an der Saale). Und im Grunde prima. So wie das „gnadenlos subjektive“ Deutschland-Buch von Oliver Maria Schmitt.»

Göttinger Tageblatt

«Schmitt unternimmt eine satirische Deutschlandreise, die an Schärfe und Witz nichts zu wünschen übrig läßt.»

Fränkische Nachrichten

«Originell und sprachlich geschliffen, gescheit, frech und glänzend formuliert.»

Main-Echo



Die Leseprobe


Stadt Land Fluß mit B

 

Betropolitanes

Die meisten Metropolen dieser Welt fangen mit einem B an. Warum das so ist? Schwer zu sagen, aber so ist es nun mal. Rätselhaft auch, warum dieses leicht faßliche Naturgesetz bis heute kaum jemandem bekannt ist. Seit aber Babylon, die Mutter aller Städte, gefallen ist und mit dem Zorneswein ihrer Unzucht getränkt hat die Völker der Welt (Offb 14,8), seitdem ist die Mehrheit menschlicher Ansiedlungen gehalten, ihren Ortsnamen mit einem weichen Explosivlaut beginnen zu lassen. Beweis: Barcelona, Bochum, Bagdad, Belgrad, Bietigheim, Bombay usw. usf. Ausnahmen: Rom, Oslo. Verblüffenderweise gilt diese einfache Merkregel vor allem für internationale Hauptstädte, wovon Buenos Aires (Argentinien), Bern (Schweiz) und Baku (Aserbaidschan) nur die naheliegendsten Beispiele sind, keinesfalls jedoch für deutsche Landeshauptstädte (Stuttgart!). Indes gerade der Deutsche bei der Wahl seines Bundeshauptstadtnamens kaum von diesem Prinzip abzurücken in der Lage ist: Bonn! Berlin!! Andere Länder scheinen dem B-Nomismus noch weit wehrloser ausgeliefert, dieweil sie nebst der Hauptstadt gleich das ganze Land drum herum unter B im Atlas abgelegt haben: Belgien wird in Brüssel regiert, Burundi in Bujumbura, Brasilien in Brasilia, Belize in Belmopan, nur der Sultan von Brunei kann wieder mal den Hals nicht voll genug kriegen – der regiert nämlich boppelt gemoppelt in: Bandar Seri Begawan. Gott sei Dank aber gibt es, wie gesagt, einige Ausnahmen. Wer wollte auch schon gerne in Bom oder Bslo wohnen?

 

Baden

Das ist das Badenerland. Es ist ein seltsames, ein hageres, schmächtiges, ja fast schon chileförmiges Gefilde, verlegen hingepappt an den westlichsten Rand des süddeutschen Archipels. Da hängt es nun und kann nicht anders. Und da ist der Badener. Man nennt ihn Badenser. Er zeigt sich nie vor dem Mittagsläuten, ist beachtlich schief gewachsen, stets reizbar und von frappanter Hutlosigkeit. Er neidet jedem seiner Nachbarn die neuen blitzend gelben Gummistiefel, klagt Weh! und Ach! daß er keine hat, was ihm sogleich einen geharnischten Spitznamen („Gelbfüßler“) einbrachte. Vor Fremden läuft er weg und schwingt aus sicherer Entfernung drohend die Faust. Mit Feuereifer schlägt er Mucken tot. Er haßt die benachbarten Schwaben und Alemannen, weswegen diese ihn mindestens so sehr verachten wie jeder gesunde Mensch Karlsruhe. Hauptort aber der Badenser ist Baden-Baden. Das ist typisch und sagt schon alles: Baden-Baden. Man stelle sich nur vor, die Griechen hätten ihre Hauptstadt nicht Athen, sondern Griechen-Griechen genannt. Wer führe da noch hin? Hingegen gondelt die halbe Welt und erst recht die ganze Halbwelt nach Baden-Baden, um sich dort von Kurpfuschern, Quacksalbern und kassenärztlichen Urinpropheten das feuchtwarme Wasser reichen zu lassen. Bis die Brunnenkur anschlägt, wird dem Badenser die Zeit nicht lang. Er träumt von der Abspaltung von Stuttgart, freut sich der frisch gemopsten Gummistiefel und verspeist die mitgebrachte Fliege. Das ist das Badenerland.

 

Brigach und Breg

So büffeln, ochsen, pauken wir’s, so saugen wir’s ein von Vorschulzeit zu Ewigkeit: „Isar, Iller, Lech und Inn fließen rechts zur Donau hin. Wörnitz, Altmühl, Naab und Regen kommen ihr von links entgegen“. Genau. Und wer’s nicht glauben mag, für den steht es auf dem „Weserstein“ bei Hann. Münden Wort für Wort in den Fels gehauen: „Wo Fulda sich und Werra küssen, sie ihren Namen büßen müssen. Und hier entsteht durch diesen Kuß, deutsch bis zum Meer der Weserfluß.“ So hilft die Eselsbrücke dem Eleven über den reißenden Bildungsfluß, und selbst bzw. gerade den Ostfriesen hilft sie, ihr Schwemmland zu sortieren: „Welcher Seemann liegt bis neun im Bett?“ fragen sie, und haben damit schon per Initialenordnung ihre Eiländer von West nach Ost sortiert: Wangerooge, Spiekeroog, Langeoog, Baltrum, Norderney, Juist und Borkum. Und so lange zwei Bächlein bis Donaueschingen rauschen, wird auch immer dieser Klassiker gelten: „Brigach und Breg bringen die Donau zuweg.“ Ohne solche gereimten Didaktik-Tricks und Merkregeln wären wir ja ganz verloren in der Welt, zumal in der feuchten. Jedoch hat die Volkshydronymie nach Hervorreimung dieser Glanztaten auch schon wieder schlappgemacht. Leider. Viel übersichtlicher und verorteter wäre doch der Globus, gäbe es mehr Merksprüche wie diesen hier: „Die Mosel fließt zum Rheine hin, die Donau hat dies nicht im Sinn.“ Oder diesen: „Wo der Neckar trifft den Rhein, kann eigentlich nur Mannheim sein.“ Ein Sachverhalt, der freilich auch andersherum angegangen werden kann: „Wo der Rhein den Neckar trifft, der Mannheimer ins Wasser schifft.“ Mit anderen Worten: „Weser, Naab und Elbe sind niemals nicht das selbe.“ Wie? Das hat auch keiner behauptet? Meinetwegen. Aber was halten sie davon: „In Passau sorgen viele Flüsse für die Passau-Flußkulisse.“ Was? Lerngehalt gleich Null? Na, Sie müssen’s ja wissen!

© Edition Tiamat Berlin 2005



Erotik pur mit Flirt-Faktor


Das Buch


erotikWenn die „Erotik“ beziehungsweise die allgemein grassierende „Sinnlichkeit“ nicht mehr „niveauvoll“ ist, sondern schon „pur“ daherkommt, trotz aller „Leidkultur“ in diesem unseren mit „Ludern“ vollgestopften „Millionium“ mit all seinen „Recruiting-Events“ und zumal im „spannenden“ Umfeld von „Fraport“: dann wird’s allemal kriminell, dummdeutsch und zum Fürchten.

Die Presse


Mit „Dummdeutsch“ hat Eckhard Henscheid Maßstäbe für die Sprachkritik gesetzt. Zusammen mit Oliver Maria Schmitt hat er sich abermals den Sprachmüll und grassierenden Begriffs-Unsinn der Gegenwart vorgenommen. In 52 Glossen und 13 verwandten Beiträgen, die ganz der Aufklärung im Sinne der Neuern Frankfurter Schule verpflichtet sind, kämpft das Duo mit Satire und Polemik einen kurzweiligen Kampf gegen „Entfeinder“, „Karasex“, „Flirt-Faktoren“ und „Recruiting-Events“ und andere Unworte der Woche.»

Der neue Weg

Karasex, Flirtfaktor, Entfeinder, ja sogar Entfeindungskultur sind Worte, die wir hören und brutalstmöglich schnell wieder vergessen. Andererseits spiegelt sich im Sprachgebrauch auch der geistige Standort einer Gesellschaft wider. Womit uns Werbefuzzis ins geistige Fachwasser zerren möchten, zeigen uns Eckhard Henscheid und Oliver Maria Schmitt. […] Die deutsche Sprache muß nur geistreich angewendet werden, um auch amüsant zu sein.»

Heilbronner Stimme

«Immer auf der Suche nach inhaltlichen Dummheiten und sprachlichen Leerläufen, sind sich die beiden Müllmänner Henscheid und Schmitt für nichts zu schade: Sie werten neben der „Bunten“ auch Fußballeräußerungen, die „Männer-Vogue“, Briefe von Franz Josef Wagner, Poliitikeräußerungen nach dem 11. September und das „Penthouse“-Interview unter dem Titel „Karasex – der Wilde vom Literarischen Quartett“ aus.»

Stuttgarter Zeitung

«Sprachkritik in ihrer besten Form: unterhaltend, lehrreich und immer wieder überraschend komisch.»

Fritz Magazin



Die Leseprobe


Schnafte knorke Szenesprech

Das Besondere an diesem Text ist, daß er, während Sie ihn lesen, weder weitergeschrieben noch ergänzt wird. Ganz im Gegensatz zum neuen „DUDEN-Wörterbuch der Szenesprachen“: „Das Besondere an diesem Buch ist, daß es, während Sie es in den Händen halten, weitergeschrieben und ergänzt wird.“ Wer dergleichen freudig verkündet, ist entweder Anfänger im enzyklopädischen Gewerbe oder Mitarbeiter eines umtriebigen Trendbüros. Oder beides. Die Hamburger Firma Trendbüro, einst von Matthias Horx als „Voll-Trendinstitut“ mitbegründet, um der Wirtschaft die Vertriebswege zur kaufkräftigen Jugend offen zu halten, durfte im Auftrag des Mannheimer Duden-Verlages den Jargon der Jugendlichkeit erforschen, ausdeuten und darlegen.

 

Spätestens seit dem Baustellenunglück von Babel ist der Mensch in der Lage, andere Menschen gründlich mißzuverstehen. Während aber Sprachbarrieren früher gerne entlang von Landesgrenzen verliefen, gehen sie heute kreuz und quer durch die Schar der Sprachkompetenten. Vor allem die körperdurchbohrte und ziegenbärtige Jugend, so geht die Klage, fühle sich mißverstanden und isoliert, denn adoleszent zu sein ist inzwischen ein ernsthafter Beruf mit dazugehörigem Fachchinesisch. Dieser geheimnisvolle Sozoilekt ist nun erlernbar und sein Vokabular, wie dieser dünnste aller Duden zeigt, durchaus begrenzt. Zahlreiche Mode- und Produktabbildungen machen das Werk auch für Rezipienten mit ausgeprägter Leseschwäche leicht konsumierbar.

 

Schon der auf dem Umschlag prangende Untertitel verweist auf das sprachliche Neuland, das hier betreten wird: „Herausgegeben von Trendbüro“. Weg mit den Old-School-Präpositionen, her mit dem Englisch-Wörterbuch! Szenesprache scheint vor allem darin zu bestehen, gängige deutsche Begriffe durch englische zu ersetzen; so wird das Langarmhemd zum „Long Sleeve“, die Pause zum „Break“ und unsere tägliche Seife zur „Daily Soap“.

 

Veraltete Szenevokabeln wie „knorke“, „schnafte“ oder „Ische“ fanden keine Aufnahme mehr, neue Fachbegriffe wie „geilomat“, „ultrabrontal“ oder „shmoov“ dagegen noch nicht. Dafür erteilt der oder das Trendbüro aber praktische Lebenshilfe, z. B. in Kleidungsfragen: „Fashion-Items, die auffallen oder als up-to-date gelten, sind ein Cowboyhut, eine Stola, eine Handtasche oder das Hightechhandy.“ Auch sprachlich werden wir geholfen: „Wer ‚Auf jeden Fall‘ meint, sagt ‚Auf jeden‘. Wer ‚Was geht ab?‘ fragt, sagt ‚Was geht?‘“

 

Was die Fortschreibung des Projektes angeht: die ist gesichert. Wärend das gerade gedruckte Buch schon wieder veraltet, wuchert im Internet der Ergänzungsband vor sich hin. „Wir suchen Autoren, die mitmischen wollen“, ruft Trendbüro unter www.szenesprachen.de in die Clubs und Diskotheken des Landes, „kreative Leute, die neue Wörter kennen und definieren wollen. Aktive Wordscouts, die das Duden-Wörterbuch der Szenesprachen auf und davon schreiben.“

 

Schon liegen erste Ergebnisse vor: „Chillen“, weiß ein gewisser „Chris“, „gibt nicht immer den Rückzug an. Man benutzt es auch für ganz alltägliche Sachen! Beispiel: ‚Laß mal hier chillen!‘“ Und eine „Klasse 10b“ aus Frankfurt teilt mit: „‚Schmal‘ Bezeichnet alle Dinge, die merkwürdig sind. Außerdem ist es auch als Gruß zu gebrauchen.“ Das wollen wir uns merken.

 

„Ich möchte, daß ihr alle in Zungen redet“, mailte der damalige Szene-Apostel Paulus an die Korinther. Sein Wunsch ging in Erfüllung, und die Freude darüber ist, zumindest im Szeneduden-Vorwort, unbeschreiblich. „Was dieser DUDEN beschreibt, ist die Strömung, die uns alle mitreißt und nach vorne treibt.“ Und da wollen wir auch hin. Schmal!

© S. Fischer Frankfurt 2002



Die schärfsten Kritiker der Elche


Das Buch


elcheSie ist Deutschlands erfolgreichste Boygroup, aber noch nie gemeinsam aufgetreten. Und obwohl sie nie gegründet wurde, gibt es sie schon seit über vier Jahrzehnten. Zusammen sind ihre Mitglieder mindestens 506 Jahre alt. Und jedes Jahr werden es acht Jahre mehr. Sie haben rund 250 Bücher veröffentlicht, mehr als 70.000 Seiten mit Millionen von Pointen, Scherzen und Witzen. Sie schrieben Kultromane, Gedichte und Theaterstücke, Polemiken, Satiren und Nonsens, sie gründeten Satirezeitschriften, machten Kinofilme und Fernsehsendungen. Sie malen Bilder und zeichnen Cartoons. Sie fahren in Urlaub und kommen immer wieder zurück. An den Main, wo die produktivste Humorinstitution des Landes ihren Sitz hat: die Neue Frankfurter Schule. Eine deutsche Humorgeschichte von Pardon bis Titanic, von Arnold Hau bis Otto Waalkes, von A wie Anfang bis E wie Ende ist dieses Buch sicher nicht. Jedenfalls nicht nur. Sondern auch eine bild- und textreiche Würdigung vom Werden, Wirken und Witzeln der Herren F. W. Bernstein, Bernd Eilert, Robert Gernhardt, Eckhard Henscheid, Peter Knorr, Chlodwig Poth, Hans Traxler und F. K. Waechter. Fehlt einer? Nein – hier sind sie vollzählig versammelt: die schärfsten Kritiker der Elche.

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Die Presse


«Das beste Buch des Jahres 2001 war für mich eindeutig das Buch „Die schärfsten Kritiker der Elche Die Neue Frankfurter Schule in Wort und Strich und Bild“ von Oliver Maria Schmitt.»

satt.org

«Oliver Maria Schmitt, ehemaliger „Titanic“-Chefredaktor, hat den großen Acht ein schönes Denkmal gesetzt, illustriert mit Werkproben und Familienfotos.»

Neue Luzerner Zeitung

«Der Verfasser stammt zwar aus Heilbronn, aber er versteht trotzdem etwas von der Sache. Er war einige Jahre Chefredakteur des deutschen Satiremagazins Titanic, in der es von Dichterfürsten und Klasse-Malern nur so wimmelt. Und schreiben kann er außerdem. Er hat uns ein Buch auf den Tisch gelegt, das so vergnüglich wie belehrend ist. Man kommt von dem Ding kaum los.»

Frankfurter Allgemeine Zeitung

«Das Buch macht nicht nur all jenen aus der Generation der „schärfsten Kritiker der Elche“ Spaß, nein, es ist auch in vergnügliches Zeitzeugnis der anderen, respektlosen Art.»

Deutsche Welle

«Oliver Maria Schmitt, der sich im Unterschied zu Rainald Maria Goetz und Jean-Marie Pfaff seine Sporen als „Titanic“-Chefredakteur verdient hat, ist erwartungsgemäß ein vorzüglicher Kenner der Materie, sozusagen der geborene Lobhudler seiner Helden. „Die schärfsten Kritiker der Elche“ ist eine vorzügliche Einführung in die Geheimnisse des wundersamsten und fruchtbarsten Autorenkreises, der je von deutschem Boden ausgegangen ist.»

Literaturen

«Wie das alles zuging […], wie man sodann als „gigantische Seilschaft“ sich wechselseitig rezensierte, zitierte, weiterempfahl und hochjubelte, das erzählt der Adept und Epigone Schmitt so kundig und munter, als sei er selbst dabeigewesen.»

Süddeutsche Zeitung

«Erfreulich an Schmitts Darstellung ist ihre Materialfülle.»

Neue Zürcher Zeitung

«Schmitt erklärt auch ganz genau, wieso es eigentlich Neue Frankfurter Schule heißt und wo der Zusammenhang zur Frankfurter Schule, zum Institut für Sozialforschung von Horkheimer, Adorno und Konsorten besteht.»

WochenZeitung

«Ein Muß für NFS-Aficionados auf jeden Fall, aber auch als Einführung in die Materie (mit Zeittafel!) bestens geeignet.»

Frankfurter Rundschau

«Launig schreibt Schmitt über das Dichten und Denken und humoristische Wirken der Herren.»

Frankenpost

«Er bezeichnet sie zu Recht als „Die Mafia vom Main“ und heute wie früher eine „Schutz- und Trutzburg gegen Windmacher und Sinnstifter“.»

Frankfurter Neue Presse

«Schmitt ist ein wirklicher Kenner der Szene.»

Darmstädter Echo

«Eine liebevolle, kenntnisreiche Hagiographie, ein echtes Schul-Buch – denen, die es erlebt haben als unterhaltsames Repetitorium, den Nachwachsenden als preisgünstige Einführung in ein glanzvolles Kapitel der komischen Künste.»

Sender Freies Berlin

«Immerhin muß Chlodwig Poth sich jeden Morgen erstmal hinsetzen und ärgern und findet „das eigentlich ganz belebend“. Kann man von Schmitts Buch auch behaupten.»

Konkret

«Eine Mischung aus Heldenbiographie und Heiligenverehrung, mit Sachverstand und Humor geschrieben, mit Gewinn zu lesen.»

Heilbronner Stimme

«Der Autor Oliver Maria Schmitt, bekennender Schüler der kreativen Kopfkampfgruppe, hat deren Wollen und Wirken jetzt äußerst kenntnisreich und schlüssig niedergeschrieben.»

Am Erker

«Flotte Porträts zu allen Schülern.»

Facts



Die Leseprobe


Dies vorweg

Dies ist keine kritische Biographie – weiß Gott nicht. Das sollen andere besorgen. Was will man auch von einem erwarten, der als Aufzuwachsender im Bibelstudium versagte, dafür aber den Arnold Hau und Die Vollidioten auswendig herdeklamieren konnte? Der Gedichte aus der Besternten Ernte zu vertonen suchte? Der jede WimS-Doppelseite umstandslos ihrem Erscheinungsjahr und -monat zuordnen konnte? Der sämtliche erschienene –
– genug der peinlichen Anbiederung. Die Experten werden noch schnell genug herausfinden, welche offenkundigen Mängel dieses Buch birgt: Distanz zur Sache, Abgeklärtheit, Unabhängigkeit und Überparteilichkeit, all das fehlt hier völlig.

 

Dennoch soll dieser erste Versuch einer gruppenübergreifenden Werks- und Wirkungsgeschichte der Neuen Frankfurter Schule die Gemüter erfreuen. Die schlichten sowieso, die ich herzlich zu Hause an den Büchern begrüße, denn sie sind wie ich. Begrüßt sein sollen aber auch die wißbegierigen Forscher und faktenhungrigen Wissenschafter, ferner ihre Kollegen, die peniblen, pedantischen Erbsenzähler, ohne die selbst eine Kunst wie die Komische gewiß nicht auskäme, nicht auszudeuten und zu erschließen wäre.

 

Eine starke Handvoll Leutchen, vier Dezennien, knapp 250 Bücher, dazu Theaterstücke, Filme, Lieder, Platten, Klo-Inschriften und sonstiges sprichwörtlich gewordenes Volksgut – mehr ist es ja eigentlich nicht, was diese in Frankfurt am Main residierende Korona neuzeitlicher Komik ausmacht und in der sich Elchkritik und Witzgeschick aufs Vorbildlichste vereinen.

 

Die Mitglieder der Gruppe, die sich an guten Tagen auch NFS abkürzt, haben sich über die Zeiten hinweg immer wieder selbst kommentiert, dargestellt, thematisiert, portraitiert, gezeichnet oder als Figuren verwendet. Viele dieser Selbstzeugnisse sind freilich voreingenommen, inzestuös und zutiefst befangen. Daher sollen sie auch weidlich genutzt werden.

 

So gibt es denn für den Hagiographen keinerlei Grund, allzu wissenschaftlich oder gar germanistisch vorgehen zu wollen. Das ermüdet und schafft Verdrießlichkeit, wo sie ganz unangebracht ist. »Humor kann viviseziert werden wie ein Frosch«, wußte schon der amerikanische Erzähler und Satiriker E. B. White, »doch wie dieser stirbt auch jener während der Prozedur.« Daher will ich weitgehend auf unappetitliche Analysen verzichten und den Humor und seinen Niederschlag lieber im Originalzustand präsentieren. Dann haben wir alle was davon.

 

Auch das Neue Testament wurde nicht von kritischen Biographen des Menschensohnes, sondern von dessen glühendsten Bewunderern geschrieben. Dennoch wurde es ein schöner Bucherfolg.

 

Frankfurt, am Johannistag 2001

Oliver Maria Schmitt

© Fest Verlag Berlin 2001



Gute Güte, Göthe



Das Buch


goetheAuch nach einem Vierteljahrtausend Goethe, nach vierzigtausend Doktorarbeit, nach vier Millionen Artikeln, Büchern, Aufsätzen über Leben und Werk des Weimarer Großklassiker ist praktisch noch alles im dunklen. Warum nur schieb sein Kollege Jean Paul eine umfangreiche „Vertheidigung der Hunde gegen Göthe“? Und warum zum Teufel antwortete Heinrich Heine einer Dame, die ihn befragte, was er wohl von Goethe hielte, nur: „La illah ill allah, wamohamed rasul allah“? Nichts wissen Sie. Noch nicht. Wenn Sie aber dieses Buch zum Goethejahr 1999 gelesen haben, dann wissen Sie zumindest, daß der Genius ein Brillenhasser erster Ordnung war und gerne ganze Schüsseln mit Sardellensalat leerte. Worüber er sich ereiferte oder wofür er letztlich eintrat, ist dabei oft gar nicht entscheidend. Eher wie er es tat, wie er sich echauffierte und ennuierte, sich ausließ oder nicht wieder einkriegte; sein eigener Blickwinkel, seine Vorlieben, seine Eigenheiten, seine Spleens sind das Thema dieses Buchs. Und die sind – Germanistik hin, Goethforschung her – oft einfach sehr komisch. Mit diesem Werk etablieren sich Oliver Maria Schmitt und Jürgen Wissarionowitsch Jonas endgültig als die große weiße Hoffnung der Goetheforschung.

Die Presse


«Einer muß es ja schreiben, wenn alle jubeln: das alberne Buch, das so gut (und gelehrt!) ist, daß es Freude schafft. Einer? Für Goethe braucht es zwei: Oliver Maria Schmitt & J. W. Jonas. Was die beiden gelehrten, gefräßigen Leser, witzig formulierenden Goethe-Kenner über Jahre in Zettelkästen gehortet haben […], schafft Abstand zu einem Goethe, der nur noch als Denkmal wahrgenommen wird.»

Die Zeit

«„Gute Güte, Göthe“ besteht aus peinlich genau recherchierten Originalveröffentlichungen. Jonas archiviert seit 25 Jahren Kuriosa zum Thema Goethe.»

Leonberger Kreiszeitung

«Der Leser begegnet dabei so wundervoll geistreichen Aperçus wie „Die praktische Philosophie Goethes hängt eng mit seinen theoretischen Schriften zusammen“ oder „In Goethes Geschichte verdichtet sich die Geschichte der ganzen Goethe-Zeit“.»

Wetterauer Zeitung

«Ein bezaubernder Kuriositätenband!»

Mittelbayrische Zeitung

«Ein besonderes Buch! Über die rauschenden, bebenden Bärte der frühen Goetheforscher wissen Schmitt (Germanist und Titanic-Chefredakteur) und J. W. Jonas (Publizist und nach eigenen Angaben Chefverwalter des größten deutschen privaten Goethe-Archivs) Hintergründiges zu berichten. Bizarres graben sie aus über den Krüppelforscher Hans Würtz, der Goethes Genie aus seiner körperlichen Mißbildung heraus erklären will.»

Neckar Express

«Ein Verwachstumsforscher namens Hans Würtz geht hierin nicht nur dem „Mißwuchs unseres Dicheterfürsten“ nach, sondern gleich auch noch der Verkrüppelung der halben damaligen Geisteswelt, um in so waghalsigen Theorien wie der „Wechselentkrüppellungsfreundschaft“ zwischen Goethe und Herzog Carl August zu gipfeln.»

Schwäbisches Tagblatt

«Welch eine herrliche Realsatire zur Wirkungsgeschichte Goethes!»

Westfälische Rundschau

«Das Buch von Schmitt/Jonas ist lehrreich und es gewinnt den traurigen Rezeptionszeugnissen eine komische Note ab.»

literaturkritik.de

«Falsche Bärte schneiden Oliver Maria Schmitt und Jürgen Jonas mit ihrem Buch „Gute Güte, Göthe“ ab. Sie schildern, worüber sich der Dichterfürst einst ereiferte und, vor allem, wie er es tat.»

Frankfurter Allgemeine Zeitung

«Ein überaus lustiges Buch!»

Konkret

«Dankbar, dankbar wollen wir den Herren Schmitt & Jonas sein! Sie haben Goethe und die bärtige Tertiärliteratur gründlich geflöht.»

Sächsische Zeitung

«Sie liefern ein Konzentrat der Unglaublichkeiten, man kann fast sagen perversen Unglaublichkeiten.»

Pader + LippeMagazin

«250 Jahre Goethe, und der Dichter reizt noch immer.»

Heilbronner Stimme

«Wenn Sie „Gute Güte, Göthe“, das zweifellos komischste Buch zum Goethejahr gelesen haben, dann wissen Sie bescheid.»

Prinz Stuttgart

«„Mehr Licht!“ wird dieses Buch wohl nicht in die seriöse Goethe-Forschung bringen – aber die fehlende Prise Humor.»

Schwäbische Zeitung

«Dieses Buch von Schmitt und Jonas hätte Goethe, die Vermutung sei gewagt, sich gekauft. Denn hier wird, wie sonst nirgendwo, alles und jedes letzgültig auf den Punkt gebracht: auf den „G-Punkt“!»

Bayerischer Rundfunk



Die Leseprobe


Goethe und sein Walpurgissack

Je älter und kälter Goethe wurde, desto sicherer und souveräner wußte er zu urteilen. Auf nichts nahm er mehr Rücksicht, Pardon wurde keinesfalls gegeben. „Er verknöchert und verhärtet wirklich und wird auch entsetzlich intolerant und im Gespräch maniriert“, notierte sichtlich pikiert Wilhelm von Humboldt, der Bruder des legendären Strombenenners.

 

Bye, bye, Höflichkeit, Toleranz leck mich am Arsch. Mit feurigem Furor drohte der Großdichter: „Ich piß in die Stubb!“ und ging, die Arme im Wutstarrkrampf hinter dem Rücken verschränkt, nervös im Junozimmer auf und ab. Keine Ruh ward ihm gegönnt. Nein, er hatte „alle Hände voll zu thun um den Mist beiseite bringen zu können“. Herrjesses! Was man auch wegschaffte und im Handstreich erledigte – es wuchsen „täglich neue Beschwerden, und niemals mehr als wenn man Eine glaubt gehoben zu haben“.

 

Ja, scheißdochrein!

 

Ein ums andre Unwetter braute sich im Haus am Frauenplan zusammen, ein Greis grantelte vor sich hin, und ein junger Johann Daniel Falk merkte genau auf und notierte sich alles:

 

„Ja, wenn ich es nur je dahin noch bringen könnte, daß ich ein Werk verfaßte – aber ich bin zu alt dazu –, daß die Deutschen mich so ein funfzig oder hundert Jahre hintereinander recht gründlich verwünschten und aller Orten und Enden mir nichts als Übles nachsagten: das sollte mich außer Maßen ergetzen.[…] Vollends, wenn mein Walpurgissack nach meinem Tode sich einmal eröffnen und alle bis dahin verschlossenen, stygischen Plagegeister, wie sie mich geplagt, so auch zur Plage für andere wieder loslassen sollte.“

 

Das war Goethes großes Geheimnis; und wir wären nicht die Aufdecker und Aufklärer, die wir sind, wenn wir nicht auch dieses noch restlos aufdeckten und -klärten: Goethe war nicht nur ein Sack, er hatte auch noch einen, in den er alles reintat!

 

Nicht reinweg alles natürlich. Was ihm an Notaten überhaupt nicht mehr paßte, das verbrannte er, aber was er nicht verbrannte, jedoch auch nicht drucken lies, das sekretierte und stopfte er in große leinerne Säcke; wo es auch später von den Herausgebern im Namen Sophiens gefunden wurde.

 

Und diese – aber entschuldigen Sie, Herr Geheimrat, wir haben Ihnen ja das Wort abgedreht: „Der Walpurgissack ist eine Art von infernalischem Schlauch, Behältnis, Sack, oder wie Ihr’s sonst nennen wollt, ursprünglich zur Aufnahme einiger Gedichte bestimmt, die auf Hexenszenen im ‘Faust’, wo nicht auf den Blocksberg selbst, einen nähern Bezug hatten. Nach diesem, wie es zu gehen pflegt, erweiterte sich diese Bestimmung ungefähr, sowie die Hölle auch von Anfang herein nur einen Aufenthalt hatte, späterhin aber die Limbusse und das Fegefeuer als Unterabteilungen in sich aufnahm. Jedes Papier, das in meinem Walpurgissack herunterfällt, fällt in die Hölle; und aus der Hölle, wie Ihr wißt, gibt es keine Erlösung.

 

Es brennt da unten ein unverlöschliches Fegefeuer, was, wenn es um sich greift, weder Freund noch Feind verschont. Ich wenigstens will niemand raten, ihm allzu nahe zu kommen. Ich fürchte mich selbst davor.“

 

Wir jedoch fürchten uns nicht und greifen beherzt in den schon aufgeschnürten Höllensack. Und staunen nicht schlecht: dick und feist und prall ist dies frappante Futteral.

 

Sauerkraut, Sardellen, Kirschkerne usw.

Goethe aß wenig, fast nichts. Dafür aber oft, und wenn, dann reichlich. Dieses schöne Hobby wurde besungen („Ich liebe zu tafeln am lustigen Ort“) und herzhaft in die Tat umgesetzt: „Er frisset entsetzlich“, würgt, den Bissen vor Schreck noch im Halse steckend, Jean Paul hervor. Guten Appetit!

 

Auftischen konnte man ihm so einiges, keinesfalls aber Sauerkraut. Der Mitesser Falk berichtet: „Goethe aß zuweilen bei der Herzogin Amalia zu Tiefurt zu Mittag. Er beschwerte sich, daß der Mundkoch Goullon so oft Sauerkraut vorsetze. Eines Tages, da man ihm wieder Sauerkraut aufgetischt hatte, stand er voll Verdruß auf und ging in ein Nebenzimmer, wo er ein Buch aufgeschlagen und auf dem Tisch liegen fand. Es war ein Jean Paulscher Roman. Goethe las etwas davon, dann sprang er auf und sagte: ‚Nein, das ist zu arg! Erst Sauerkraut und dann fünfzehn Seiten Jean Paul! Das halte aus, wer will!‘“

 

Viel willkommener als der eingestampfte Weißkohl war jederzeit ein gutes Gemüse. „Als Artischocken aufgetragen wurden“, berichtet uns der Artischocken-Laie Ernst Schuchardt, „mochte Goethe wohl bemerken, daß ich über die Behandlungsweise derselben verlegen war, und belehrte mich, wie dieselben zu essen seien. Wie er erzählte, hatten ihm seine Verwandten diese aus Frankfurt geschickt und ihm dadurch eine sehr große Freude gemacht.“

 

Wie die Freude überhaupt stets groß war, wenn von fern her Blut- und Mettwürste, Schleckwerk, Schokolade und Wein angekarrt wurde. Immer rin damit in die Kartoffeln! „Überhaupt schien er in diesen Fächern ziemlich bewandert zu sein, sprach mehreres vom Essen und aß selbst mit ziemlichem Appetite.“ Vor allem selbst zubereiteten Salat: „Während er dann selbst einen Salat zubereitete, versicherte er, einen neuen Salat erfunden zu haben aus eingemachten Gurken.“

 

Und bist du nicht willig, so brauch ich Salat. Verwunderlich nur, daß Gurkensalat gereicht wurde. Wahrscheinlich waren mal wieder keine Sardellen im Hause, denn der war immer noch und ganz unangefochten in Goethes Leibspeisencharts auf Platz 1; und wurde sogar bedichtet:

 

Die Welt ist ein Sardellen-Salat;
Er schmeckt uns früh, er schmeckt uns spat:
Citronen-Scheibchen rings umher,
Dann Fischlein, Würstlein, und was noch mehr
In Essig und Öl zusammenrinnt,
Kapern, so künftige Blumen sind –
Man schluckt sie zusammen wie Ein Gesind.

 

Ein Glück, daß dieses salzige Gemenge sogleich verspeist wurde – so konnte es nicht erst die Luft in Goethes Arbeitszimmer verpesten und zahlreichen Besuchern den Atem verschlagen. Uns berichtet Ida Freiligrath, die als Kind oft bei den Goethes abhing: „Einmal gab er uns Geld und den Auftrag, von den längsten der Zwiebelrespen, die wir finden könnten, einzukaufen und ihm zu bringen. Es war Zwiebelmarkt, und eine ungeheure Menge dieser beliebten Südfrucht vor Goethes Hause angeboten. Wir […] wählten die schönsten und längsten Zwiebelrespen, beluden uns damit und schleppten sie zu Goethe, der uns nun befahl, sie an einer Schnur über seinem Schreibtisch zu befestigen. Das machte uns großes Vergnügen, und ich sehe noch in der Erinnerung die langen Dinger dichtgereiht über dem Schreibtische hangen.“

 

Wer’s mag. Gemüse wurde gern gesehn, er servierte der Frau von Stein auch bisweilen Spargel, den er selbst gestochen und im Ziehbrunnen gewaschen hatte, und die Liebe zu oder vielleicht sogar mit ihr („ich habe von seinem Spargel gegessen“) ging nicht zuletzt eben auch durch den immer wieder aufzufüllenden Magen: „Ich muß Ihnen noch einen Danck für das Wurst Andencken und eine Gute Nacht sagen.“

 

Wenn die Zwiebeln alle waren, wurden an ihrer Statt Trauben online durchs Geviert gehängt, wie die ehemalige Bedienstete Amalie Näther zu berichten weiß, aber so sehr er auch Früchte mochte – von Kirschkernen hielt Goethe überraschenderweise nicht viel. Eigentlich überhaupt nichts. „Kirschkerne wird niemand kauen; man kann sie verschlucken, doch nicht verdauen.“ Und eben mal auffädeln und ins Zimmer hängen schon gar nicht.

 

Wir sehen schon: wer schon früh mit Frankfurter Kranz und Frankfurter Grüner Soße traktiert und erzogen wurde, dem schmeckte später, bis auf wenige Ausnahmen, fast nichts: „Er liebte vorzugsweise Fische, Fleisch, Mehlspeisen, Kuchen und Süßigkeiten.“ (Dr. Vogel) Da bleibt dann nicht mehr viel. Folglich gingen ihm Anis und manche doldentragenden Pflanzen wie Petersilie und Kümmel ganz unaussprechlich auf den Sack, der stinkichte Knoblauch affizierte ihn sogar krankhaft, und mit Heißgetränken tat er sich auch nicht leicht. Gell, Dr. Vogel? Genau: „Kaffee, und zwar mit Milch, trank er nur zum Frühstück. Nach der Mahlzeit genossen, verursachte ihm derselbe von Jugend an Beängstigungen.“

 

Tabak

Am 21. August 1822 sagte Goethe, wie wenn er sich vor der Weltgeschichte hätte rechtfertigen wollen: „Ich habe keinen Tabak geraucht, nicht Schach gespielt, kurz nichts betrieben, was die Zeit rauben könnte.“ Philip Morris, Peter Stuyvesant, Zino Davidoff, das HB-Männchen – Goethe hätte sie alle als „vermaledeite Rattenfänger“ beschimpft und zur Strafe in die Raucherecke gestellt.

 

Und wärst du auch am fernsten Ort,
Zur kleinsten Hütte durchgedrungen,
Was hilft es dir? du findest dort
Tabak und böse Zungen.

 

Daß Rauchen schlank mache, hat Goethe nie behauptet – warum auch? Dick war er ja selber und Zigarettenautomaten gab es noch keine. Dafür aber seine böse Zunge: „Das Rauchen macht dumm; es macht unfähig zum Denken und Dichten. Es ist auch nur für Müßiggänger, für Menschen, die Langeweile haben, die ein Dritteil des Lebens verschlafen, ein Dritteil mit Essen und Trinken und anderen notwendigen oder überflüssigen Dingen hindudeln und alsdann nicht wissen, obgleich sie immer vita brevis sagen, was sie mit dem letzten Dritteil anfangen sollen. Für solche faule Türken ist der liebevolle Verkehr mit den Pfeifen und der behagliche Anblick der Dampfwolke, die sie in die Luft blasen, eine geistvolle Unterhaltung, weil sie ihnen über die Stunden hinweghilft.“

 

Bier

Da wir den alten Rauchverzehrer nun aber schon beim Wettern haben, lassen wir ihn auch noch gleich einen Gutteil seiner gewaltigen Bier-Verachtung abdrücken. Er, der einen starken Trunk bzw. einige Hektoliter Würzburger Tischweins stets über die Maßen zu schätzen wußte: „Zum Rauchen gehört auch das Biertrinken, damit der erhitzte Gaumen wieder abgekühlt werde. Das Bier macht das Blut dick und verstärkt zugleich die Berauschung durch den narkotischen Tabaksdampf. So werden die Nerven abgestumpft und das Blut bis zur Stockung verdickt. Wenn es so fortgehen sollte, wie es den Anschein hat, so wird man nach zwei oder drei Menschenaltern schon sehen, was diese Bierbäuche und Schmauchlümmel aus Deutschland gemacht haben. An der Geistlosigkeit, Verkrüppelung und Armseligkeit unserer Literatur wird man es zuerst bemerken, und jene Gesellen werden dennoch diese Misere höchlich bewundern.“

 

© by Haffmans Verlag 1999

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